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Antrag 71/2020
Resolution an den Landtag Brandenburg zur Abschaffung der Erschließungsbeiträge

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Drucksache 71/2020 (101.8 KB)

Beschlussfolge

Abschließende Beschlussfassung in der Stadtverordnetenversammlung am 24.09.2020 vorgesehen.

Textauszug aus der Drucksache

Beschlussentwurf

Wortlaut:

Die Stadtverordnetenversammlung Prenzlau fordert den Landtag Brandenburg auf, von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, das Recht der Erschließungsbeiträge (§§ 127-135 BauGB) unter Anwendung der durch Art. 125a Abs. 1 GG gegebenen Möglichkeit durch Landesrecht zu ersetzen. In der sodann zu schaffenden landesgesetzlichen Bestimmung soll geregelt werden, dass Beiträge für die erstmalige Herstellung von dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen, Wegen und Plätzen nicht erhoben werden.

Begründung des Antrags:

Die Abschaffung der Straßenbaubeiträge durch Beschluss des Landtages am 13.06.2019 hat zu einer spürbar gerechteren Lastenverteilung im Bereich der Kommunalabgaben geführt. Die neue Gesetzesregelung fußte auf der Volksinitiative "Straßenausbaubeiträge abschaffen!", die auf breite gesellschaftliche Akzeptanz stieß. Der weit überwiegende Teil der Bevölkerung, einschließlich der Mieter, befürwortete die Abschaffung.

Diese Diskussion zeigte, dass ein Bewusstsein dafür besteht, dass Anlagen des Allgemeinwohls nicht durch einige wenige Anlieger zu bezahlen sein sollten. Die mitunter entstehenden finanziellen Härten bis hin zum Verkauf des eigenen Hauses aufgrund nicht mehr gegebener Möglichkeit der Gewährung eines Kredits waren weder politisch noch rechtlich zu rechtfertigen. Die Entlastung der Anlieger schafft dabei auch sozialen Frieden innerhalb der Gemeinde und senkt verwaltungsrechtliche Streitigkeiten aufgrund der Abrechnungsmodalitäten deutlich.

Diese Grundsatzüberlegungen gelten auch für Erschließungsbeiträge, also Beiträge, die für die erstmalige Herstellung erhoben werden. Auch in diesen Fällen handelt es sich um Anlagen, die durch jedermann genutzt werden und somit Güter der Allgemeinheit sind. Die Herstellung von Straßen ist eine der grundlegendsten Maßnahmen staatlicher bzw. kommunaler Daseinsvorsorge. Dennoch zahlen die Anlieger in den Brandenburger Gemeinden einen Eigenanteil von bis zu 90 %, wobei oft der Höchstwert veranlagt wird.

Art. 125a Abs. 1 i.V.m. Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG bestimmt, dass das Recht der Erschließungsbeiträge (nur) solange bundesrechtlich geregelt bleibt, bis es nicht durch Landesrecht ersetzt wird. Hiernach hat der Landtag Brandenburg es in der Hand, ein eigenes Landesgesetz zum Erschließungsbeitragsrecht zu verabschieden. So haben etwa Baden-Württemberg und Bayern hiervon schon Gebrauch gemacht.

Die neu zu schaffende Brandenburger Regelung soll beinhalten, dass Erschließungsbeiträge für Straßen, Wege und Plätze - so wie Straßenbaubeiträge auch - nicht mehr erhoben werden.

Der Einwand, wonach Eigentum verpflichte, verfängt angesichts des Umstandes, dass die Anlieger nicht Eigentümer der Straße sind, nicht. Vielmehr werden durch eine Beitragsfreiheit Verwaltungskosten gespart, die somit der Baumaßnahme an sich zugutekommen können. Schließlich wird durch einen für das Land vertretbaren fiskalischen Aufwand Beitragsgerechtigkeit und soziale Ruhe geschaffen. Die finanziellen Sorgen der oftmals älteren Bürger oder von Familien müssen überwunden werden. Der erzwungene Verkauf von Grundstücken oder die Eintragung von Grundschulden o. ä. ist kein politisch vertretbarer Weg.

Durch die Umlegung der Kosten auf die Allgemeinheit entsteht ein gesteigerter Druck zur Findung kostengünstiger Alternativen, wie es derzeit gerade nicht der Fall ist. Dies wiederum kommt allen zugute. Daher ist es sozial, politisch und fiskalisch zeitgemäß, auch die Abschaffung der Erschließungsbeiträge auf den Weg zu bringen und die Anlieger durch Übernahme der Eigenanteile durch das Land zu entlasten. Dies stellt auch eine signifikante Erleichterung für die Gemeinden dar.

gez. S. Kirchner
Fraktion Wir Prenzlauer

Begründung

Ungeachtet der Tatsache, dass sich Innenminister Stübgen im Sommer 2020 auf Nachfrage bereits dahingehend festgelegt hat, dass die Landesregierung dieses Thema in der laufenden Legislaturperiode der Landesregierung NICHT anfassen wird, möchte die Verwaltung einige sachliche Punkte in der Begründung der Antragsteller richtigstellen.
Zunächst ist noch keinesfalls sichergestellt, dass es durch die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge "zu einer spürbar gerechteren Lastenverteilung im Bereich der Kommunalabgaben" gekommen ist. Im Gegenteil, die von der Landesregierung 2019 angekündigte Verordnung zur Sicherstellung der sog. "Spitzabrechnung" (1. VO zur Änderung der Mehrbelastungsausgleichs-VO) ist immer noch nicht beschlossen.
Die Aussage der Antragsteller, wonach der "überwiegende Teil der Bevölkerung, einschließlich der Mieter, die Abschaffung befürwortet" ist insofern unrichtig, da früher Straßenbaubeiträge gar nicht auf die Mieter umgelegt wurden bzw. werden durften. Auch die im Absatz 2 der Begründung zum Antrag postulierte Gefahr eines "Verkaufes des eigenen Hauses" geht, bezogen auf die Stadt Prenzlau und ihre Ortsteile ins Leere, da dieser Fall niemals im Zusammenhang mit einer Straßenbaumaßnahme und der schließenden Erhebung von Beiträgen aufgetreten ist.
Auch die Hoffnung der Antragsteller, dass, siehe 6. Absatz der Begründung, "durch die Beitragsfreiheit Verwaltungskosten gespart werden", ist unrichtig. Wie bereits im WSO-A. am 03.03.2020 am Beispiel der Straßenausbaubeiträge eingehend erläutert, bleibt es auch künftig Aufgabe der Verwaltung, die "fiktiven Beiträge" zu ermitteln, um sie dann der Landesregierung in einem komplizierten Procedere in Rechnung zu stellen. Deshalb kann auch die hierfür zuständige Personalstelle nicht eingespart werden.
Zur Fiktion, dass durch die Umlegung der Kosten auf die Allgemeinheit "ein gesteigerter Druck zur Findung kostengünstiger Alternativen bestünde" (vorletzter Absatz der Begründung des Antrages): Bereits beim Bau von Straßen, die früher dem KAG unterlagen, war es regelmäßig ein Anliegen der Stadtverwaltung, in den vor Beginn der Maßnahmen durchgeführten Anliegerversammlungen zusammen mit den betroffenen Bürgern praktikable und kostengünstige bauliche Lösungen zu finden, sofern diese im Einklang mit den gesetzlich vorgegebenen Regelwerken stehen. Ein klassisches Beispiel war z.B. der Ausbau der Stichstraße am Rohrteich 2018, wo entgegen dem ursprünglichen Ausbauzustand mit Fahrbahn und beidseitigen schmalen Gehwegen nach einer Anliegerbefragung nunmehr eine günstigere Mischverkehrsfläche ohne Gehwege entstand, was in dieser Stichstraße auch rechtlich möglich war.
Die Verwaltung kann auch nicht erkennen, (siehe letzter Satz der Begründung), worin "eine signifikante Erleichterung für die Gemeinden" entstehen soll. Aller Erfahrung nach wollen die Bürger bei einem beitragsfreien Straßenausbau auch eine perfekte Straße haben. Die frühere finanzielle Beteiligung der Bürger hat hingegen diese Erwartungshaltung gedämpft.
Es wird seitens der Verwaltung nachdrücklich darauf hingewiesen, dass in der Stadt Prenzlau und ihren Ortsteilen nach der politischen Wende keine Erschließungsbeiträge per Bescheid erhoben wurden. Vor diesem Hintergrund und der Tatsache, dass gemäß § 28 Abs. 1 der Kommunalverfassung die SVV für aller Angelegenheiten der Gemeinde zuständig ist, sollte die Entscheidungsfindung über die Abschaffung der Erschließungsbeiträge dem Landesgesetzgeber vorbehalten bleiben.

verantwortliches Amt / Antragsteller

Fraktion Wir Prenzlauer

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