direkt zum Seiteninhalt direkt zum Seitenmenü direkt zum Hauptmenü

Großartige Hilfsaktion für Menschen in der Ukraine

04.03.2022

Wir müssen etwas tun!

 

Prenzlau (spz). „Wir müssen etwas tun!“ Das war der erste Gedanke, den Angelika Rabizo hatte, als sie vom Krieg in der Ukraine erfuhr, die Bilder in den Nachrichten sah. Auch für ihren Mann Jakub Rabizo, den Musiker aus dem Preußischen Kammerorchester, stand fest, dass sie nicht würden tatenlos zuschauen können. Also handeln! „Wir hatten für Sonnabend geplant, aus einem Baumarkt in Stettin Fliesen für das Haus meines Vaters in Naugarten zu holen. Extra dafür hatten wir einen Transporter gemietet. Der Gedanke, diesen für die Rückfahrt nach Stettin mit Spenden zu beladen, lag nahe“, so Rabizo. „Meine Frau hatte in ihrer Zeit als Intendantin an der Stettiner Oper ukrainische Kollegen. Die fragte sie, wohin man Spenden schicken könnte und vor allem, was gebraucht wird.“ Via Facebook starteten sie eine Spendenaktion. „Wir dachten, dass uns die Nachbarn aus Naugarten etwas vorbeibringen würden“, blickt Jakub Rabizo auf den vergangenen Sonntag zurück. Katja Neels von der Bürgerstiftung Barnim Uckermark, zu der auch die Freiwilligenagentur gehört, sah den Aufruf und reagierte. „Diese private Aktion mussten wir einfach unterstützen. Es war wie Gedankenübertragung: Sekunden, nachdem ich mich bei Jakub gemeldet hatte, rief City-Managerin Susanne Ramm an und hatte dieselbe Idee.“ Dann wurde in Windeseile organisiert, der Aufruf im Netz vielfach geteilt. „Die Resonanz war und ist überwältigend“, sagt Katja Neels. Die Stadt stellte die Räumlichkeiten der Begegnungsstätte „Diester“ und das Lager des City-Managements für die Spendensammlung zur Verfügung. „Am Montagvormittag wurden die ersten Sachen abgegeben. Windelpakete, Babynahrung im Glas, Decken, Verbandsmaterial, Schmerzmittel, Babyflaschen, Taschenlampen und Vieles mehr. Am Dienstag schon reichten die Räume kaum noch aus, stapelten sich die Kisten im Flur. Freiwillige packten und sortierten, nahmen immer wieder neue Spenden entgegen, setzten sich mit Ärzten in Verbindung, die die eingetroffenen Medikamente überprüften. „Hilfe kam von allen Seiten. Es ist unglaublich, wie viele Menschen diese Aktion unterstützen“, sagt City-Managerin Susanne Ramme. Eine Etage über dem „Diester“, im Büro der Bürgerstiftung, klingelt das Telefon fast ununterbrochen. „Wir haben sofort eine Hilfe-Hotline eingerichtet, um Fragen zu beantworten, Freiwillige zu registrieren, den Transport nach Stettin zu organisieren. Seit Montag nimmt Silke Bernhard ehrenamtlich die Anrufe entgegen, wenn wir nicht bei der Bürgerstiftung den Telefondienst absichern können“, so Katja Neels. Denn der Transporter von Jakub Rabizo hätte längst nicht mehr gereicht. „Nicht einmal für die Sachen, die bei uns zu Hause abgegeben wurden. Es ist unfassbar. Mit dieser Welle der Hilfe haben wir nicht gerechnet. Wir haben eine kleine Kugel angestoßen und sind beeindruckt, was daraus geworden ist“, so der engagierte Musiker beim Anblick der vielen Spenden, die zwischenzeitlich in der städtischen Begegnungsstätte angekommen sind. Zu den hier helfenden Freiwilligen gehören Anna Rudyk und Aleksandra Tiedemann. Die beiden Frauen kommen aus der Ukraine. „Ich habe Verwandtschaft in Kiew. Sie schlafen im Keller, mein Vater hat keinen Strom, kein Gas, kein Wasser mehr“, sagt Aleksandra Tiedemann, die seit fünf Jahren in Prenzlau lebt. Jeden Tag hat sie Kontakt zu ihrem Bruder in Kiew, zu Freunden. „Dieser Krieg ist so entsetzlich. Ich kann nur noch zwei oder drei Stunden nachts schlafen.“ Immer wieder schrecke sie auf, erwartet noch Schlimmeres. „Und dabei dieses Gefühl, dass man nicht helfen kann. Jedenfalls nicht dort.“ So sei es das Selbstverständlichste auf der Welt, dass sie hier vor Ort unterstützt. Zu gern würde sie ihre Familie nach Deutschland holen. „Doch sie kommen aus Kiew nicht raus …“ Sie schüttelt den Kopf: „Ich verstehe das nicht. Wir sprechen ein Leben lang Russisch, haben russische Freunde … Wir wollen doch einfach nur in einer Welt im Frieden leben.“ Anna Rudyk, die seit 15 Jahren in Prenzlau lebt, beginnt zu weinen, als sie von ihrer Familie und den Freunden erzählen will. „Sie sind in Charkiw. Jeden Morgen warte ich auf ein Lebenszeichen von ihnen. Nur eine kurze Nachricht“, erzählt sie unter Tränen. Im „Diester“ zu helfen hilft auch den beiden Frauen. Sie tun etwas. Sie wissen, wofür. Sekine Flämig, die ehrenamtliche Ausländerbeauftragte der Stadt, die in diesen Tagen als Mitarbeiterin der Bürgerstiftung eigentlich Frauenprojekte durchführen wollte, koordiniert die Sortierung der unzähligen Spenden. Immer wieder kommen neue Menschen mit Kartons, Kisten, Beuteln und geben etwas ab. „Brauchen sie auch Kleidung?“, fragen zwei Frauen. „Im Moment, für den aktuellen Transport, nicht. Aber bringen sie die Sachen ruhig her. Denn wenn die Geflüchteten aus der Ukraine kommen, wird all das benötigt“, heißt es. Doch nicht nur in der Diesterwegstraße 6 melden sich die Spendenwilligen. „Die Apotheker Orhan Kiziltas und Michael Kranz haben mich kontaktiert. Sie stellen Verbandsmaterial und verschreibungsfreie Schmerzmittel zur Verfügung, Stefan Mohnke rief an und fragte, was gebraucht wird. Von ihm bekommen wir Mineralwasser. Kilian Ramm von der Autoverwertung sammelt Verbandskästen, die man noch nutzen kann und Jean Krüger hat einen Transporter für die Tour nach Stettin bereitgestellt“, zählt Susanne Ramm auf. Auch das Fitness-Forum hat eine Sammlung unter den Mitgliedern gestartet, die jungen Leute von Prenzlau Kult helfen ebenso mit, wie das medizinische Personal aus dem Krankenhaus und Ärzte und vor allem viele, viele Privatpersonen.“ Bis Donnerstagnachmittag sind auf dem Spendenkonto der Bürgerstiftung rund 3.600 Euro eingegangen. „Von dem Geld wird gekauft, was dringend benötigt wird. Wir haben dabei aber auch im Blick, dass wenn die Geflüchteten hier ankommen, ebenfalls Bedarf an Vielem sein wird“, so Katja Neels. Die Pressemitteilung der Stadt mit der Bekanntgabe der Hotline der Bürgerstiftung hat, so Neels, eine weitreichende Wirkung gehabt. „Es ist grandios, was hier passiert. Wir sind als Bürgerstiftung durch die mediale Verbreitung der Kontaktdaten zu so etwas wie der Schaltstelle für die gesamte Uckermark geworden. In den letzten Stunden wurde durch Kamil Biernacki und Maria Halakhova aus Schwedt ein Hilfstransport mit medizinischem Gerät, unter anderem ein Röntgenapparat aus dem Klinikum der Oder-Stadt und ein Beatmungsgerät aus dem Köthener Raum, zusammengestellt und auf den Weg gebracht. Angeschlossen haben sich die Onkologische Praxis von Dr. Silvia Lehenbauer sowie Sabine Trautwein und Katja Ludwig von der Sonnenapotheke Templin. Sie haben im Wert von 1.000 Euro Medikamente beigesteuert. Aus Lychen haben wir, organisiert über das Mehrgenerationenhaus, ein Notstromaggregat bekommen und ein Freiwilliger hat für 800 Euro Verbandsmaterial und Medizin in der Apotheke gekauft und noch zusätzlich weitere Schmerzmittel organisiert.“

Während Katja Neels über all das per Sprachnachricht informiert, wird eine Etage tiefer in der Begegnungsstätte weiter gepackt. Noch stehen angekündigte Lieferungen aus. So auch vom Multikulturellen Centrum Templin, wo man ebenfalls zur Spendensammlung aufgerufen hat. Katja Neels ist nicht bange, ob Sonnabendmittag genügend Freiwillige zum Verladen zusammenkommen. „Auch hierfür haben sich wieder viele gemeldet.“ Selbst für Kuchen und Kaffee zur Stärkung ist gesorgt. In diesem Moment, so Bürgermeister Hendrik Sommer, zeigt sich neben der Hilfsbereitschaft und menschlichen Wärme der vielen, die etwas tun, etwas beisteuern und mit anfassen wollen, der Wert der Bürgerstiftung. „Das hier an den Tag gelegte Engagement, die logistische Leistung, die Vernetzung, dieses Hochfahren eines sehr umfassenden Hilfsangebotes sozusagen von Null auf Hundert ist toll. Wir können uns glücklich schätzen, dass wir die Bürgerstiftung hier vor Ort haben und seit Jahren schon so eng und gut mit ihr und insbesondere Katja Neels zusammenarbeiten“, so Sommer. 

Wenn am Sonnabend die Spenden in Stettin bei der Orthodoxen Kirche und der Union der Ukrainer in Polen abgegeben sind und von dort aus in die Ukraine geliefert werden, reißt der Unterstützungsbedarf nicht ab. Es geht weiter. Über die Hotline der Bürgerstiftung ebenso wie in der Direktannahme von Spenden in der Begegnungsstätte „Diester“. Freiwilliges Engagement ist in dieser Situation wichtiger denn je.

 

Ansprechpartner:

Herr Hendrik Sommer
Bürgermeister und Stabsstellen
Bürgermeister

Kategorie:

Rathaus und Verwaltung
alle Mitteilungen dieser Kategorie

zurück Seitenanfang Seite drucken