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16.02.2022

28.000 städtische Bäume im Blick

Gefällt wird dann, wenn Sicherheit nicht mehr gegeben ist

 

Prenzlau (spz). Wenn es um die Bäume in ihrer Stadt geht, beobachten die Prenzlauerinnen und Prenzlauer meist mit Argusaugen, was passiert. Sobald es zu Fällungen kommt, gibt es auch Fragen. Die beantwortet Baumkontrolleurin Andrea Petschick gern. Schließlich freut sie sich, wenn den Menschen das Grün in der Stadt und den Ortsteilen wichtig ist und sie darauf achten. Allerdings führte in der Vergangenheit auch schon manch eine Fällung zu Diskussionen, in denen fachliche Argumente zuweilen von Kritikerseite in den Wind geschlagen werden. „Ehe ich die Anweisung zum Fällen gebe, erfolgt jedoch eine gründliche Prüfung“, sagt Petschick.

 

Kontrolliert wird regelmäßig

 

Die Stadt Prenzlau, so erläutert sie, ist verpflichtet, die Verkehrssicherheit auf den Straßen, Wegen und Plätzen sowie in allen städtischen Einrichtungen wie Kitas, Schulen oder Gemeindezentren, zu gewährleisten. „Dazu gehört auch die Stand- und Bruchsicherheit von Bäumen. Ein Baum gilt als verkehrssicher, wenn er weder in seiner Gesamtheit, noch in seinen Teilen eine vorhersehbare, konkrete Gefahr darstellt. Daher werden alle stadteigenen Bäume jeweils einmal jährlich in belaubtem und unbelaubtem Zustand durch mich in Augenschein genommen. Das nennt man Regelkontrolle an Bäumen“, erläutert die Baumkontrolleurin.

Alle rund 28.000 städtischen Bäume, die es im Stadtgebiet einschließlich der Ortsteile gibt, sind in einem Baumkataster erfasst. Hier werden seit 2003 alle Baumdaten wie Höhe, Stammumfang und Schäden sowie alle Pflegemaßnahmen eingetragen und die Ausführung dieser dokumentiert. Für die Bäume in den städtischen Wäldern inklusive des Kapwäldchens ist Revierförster Jens Rackelmann verantwortlich. „Bei der Baumkontrolle achte ich auf tote oder eingerissene Äste, Pilze in der Krone, am Stamm oder an den Wurzelanläufen, Risse und Beschädigungen am Stamm und in Vergabelungen, den Grad der Belaubung, Insekten- und Schädlingsbefall, Wurzelschäden, Bodenrisse, Bodenaufwölbungen oder einen Schrägstand.“ Solche Schäden und ihre Auswirkung auf die Stand- und Bruchsicherheit des Baumes müssen bei der Baumkontrolle beurteilt werden. Die Beurteilung der Auswirkungen hängt von der Baumart, vom Baumalter, der Baumgröße und der Art und des Umfangs der Schäden ab. Die Verkehrssicherheit kann meist mit baumpflegerischen Schnittmaßnahmen wiederhergestellt werden.

 

Aktuell laufen Schnittmaßnahmen

 

Notwendige baumpflegerische Schnittmaßnahmen wie beispielsweise die Entfernung toter Äste, der Stamm- und Stockaustriebe oder die Herstellung des Lichtraumprofils von 2,50 Metern an Geh- und Radwegen und 4,50 Metern an Verkehrsflächen werden derzeit im gesamten Stadtgebiet vorgenommen. Dazu erhält die beauftragte Firma eine Baumliste mit Angaben zur Baumart, Baumhöhe, Stammumfang, Anzahl der Baumstämme bei mehrstämmigen Bäumen, der auszuführenden Maßnahmen und eine Übersichtskarte, in der die zu pflegenden Bäume farblich markiert sind.

Die Baumpflegemaßnahmen werden durch in der Baumpflege fachlich qualifiziertes Personal durchgeführt. Prinzipiell ist es aus versicherungsrechtlichen Gründen Laien nicht gestattet, die städtischen Bäume zu beschneiden. „Dies stellt sogar eine Ordnungswidrigkeit dar und wird mit einem Bußgeld bestraft“, erläutert Andrea Petschick.

„Baumgutachten werden beauftragt, wenn bei der äußeren Begutachtung nicht klar wird, ob der Baum bruch- oder standsicher ist. Baumgutachter oder Sachverständige nehmen dann Messungen mittels Schalltomographen oder Resistograph am Stamm vor und ermitteln so den Fäuleanteil im Baumstamm. Aufgrund dessen lässt sich die Stand- und Bruchsicherheit eines Baumes sehr gut einschätzen. Da diese Untersuchungen sehr teuer sind, werden sie nur in begründeten Einzelfällen bei wertvollen Altbäumen gemacht.“

Eine durchgeführte Baumkontrolle bedeutet jedoch nicht, dass ein Baum bei Sturm nicht umkippen oder Äste abbrechen können. „Das hat uns der Sturm im Jahre 2016 deutlich vor Augen geführt. Deshalb kann ich nur jedem raten, bei Sturm Bäume zu meiden“, warnt die Baumkontrolleurin eindringlich.

Die Baumkontrollen werden durchgeführt, um ein Bruchversagen - also das Abbrechen von Ästen, Kronenteilen oder das Umfallen eines Baumes - bei normalem Wetter bis zur Windstärke 8 zu vermeiden. Sturm, Starkregen und starker Schneefall sind Extremwetterereignisse, für die niemand eine Sicherheitsgarantie geben kann.

 

Fällungen kritisch begleitet

 

„Immer wieder ein großes Thema sind Baumfällungen. Dem einen sind es nicht genug, dem anderen viel zu viel. Baumfällungen werden oft schon dann durchgeführt, wenn der Laie noch davon überzeugt ist, dass der Baum in Ordnung sei. Die Arbeit als Baumkontrolleur dient vorwiegend dem Schutz von Bäumen, nicht deren Fällung. Bevor eine Fällung angewiesen wird, werden alle Alternativen erwogen. Wenn ich Schadensmerkmale sehe, die zu einem Bruchversagen führen werden oder die Standsicherheit aufgrund einer sehr schlechten Vitalität oder Pilzen am Stammfuß beeinträchtigen, muss ich handeln, bevor etwas abbricht oder der Baum umfällt. Wann genau es zu einem Bruchversagen kommen wird, kann meist nicht genau vorausgesagt werden. Hinzu kommt, dass Stadtbäume auf sehr schlechten Standorten stehen. Meist haben die Bäume nicht genug durchwurzelbare Fläche, also eine zu kleine Baumscheibe und drum herum ist alles versiegelt. Dadurch erhalten sie nicht genug Nährstoffe, Wasser und Luft. Zusätzlich werden unsere Stadtbäume durch Baumaßnahmen wie Leitungsverlegungen oder -reparaturen sowie der Erneuerung von Gehwegen und Straßen geschädigt.“

Die vergangenen sehr trockenen Jahre haben dazu geführt, dass viele Bäume -besonders Birken, Fichten und Ulmen - vertrocknet und abgestorben sind. Viele der jetzt durchgeführten Fällungen sind immer noch dieser Trockenperiode geschuldet.

 

Persönlicher Beitrag zur Baumgesundheit

 

Jeder kann, so Petschick, die Baumgesundheit erhalten und fördern, indem er Bäume wahrnimmt und diese schützt. „Ich treffe häufig auf Leute, die auf Grünstreifen oder Grünflächen, auf denen Bäume stehen, mit ihren Fahrzeugen parken, um sich ein paar Meter Fußweg zu sparen. Dies schädigt die Bäume, weil beim Befahren der Flächen unter einem Baum die Feinwurzeln direkt unter der Grasnarbe zerquetscht werden. Je nachdem, wie schwer das Fahrzeug ist, können auch größere tieferliegende Wurzeln beschädigt werden. Durch das Befahren von Grünflächen werden diese zerstört, sehen unansehlich aus, der Boden wird festgedrückt und es kann weniger Luft und Wasser in den Boden eindringen. Auch die Hinterlassenschaften von Hunden schädigen Bäume. Hundebesitzer können darauf achten, dass Pfiffi sein Geschäft vor allem nicht an Jungbäumen macht. Einige Anwohner haben es sich zur Aufgabe gemacht, die Bäume vor ihrer Haustür in trockenen Perioden zu gießen. Über ein solches Engagement freue ich mich. Diese regelmäßige Wasserzufuhr sieht man den Bäumen auch an. Danke dafür!“

 

 

 

Nachsatz

 

Übrigens: Kritisch beäugt werden durch die Öffentlichkeit nicht nur Baumschnittarbeiten und Fällungen. Auch kommen im Ordnungsamt des Rathauses immer mal wieder Beschwerden hinsichtlich des sich sammelnden Laubabfalls im Herbst an. „Herumliegendes Laub gilt rechtlich nicht als Belästigung“, stellt der Zweite Beigeordnete Dr. Andreas Heinrich klar. Auch gab es, so ergänzt Bürgermeister Hendrik Sommer, Aufforderungen an die Stadt, Bäume auf städtischem Grund vor Privatgrundstücken zu fällen, „dabei wurden die jetzt lediglich als störend empfundenen Bäume Jahrzehnte zuvor von den eigenen Angehörigen dort gepflanzt.“ Selbstverständlich käme man diesem Ansinnen nicht nach. „Denn gefällt wird, wie unsere Baumkontrolleurin dies immer wieder betont, nur dann, wenn die Sicherheit der Menschen gefährdet oder eine Fällung aus wirklich zwingenden Gründen unausweichlich ist“, stellt das Stadtoberhaupt klar und sagt deutlich: „Bäume gehören geschützt!“

 

 

Ansprechpartner:

Herr Hendrik Sommer
Bürgermeister und Stabsstellen
Bürgermeister

Kategorie:

Landschaft und Umwelt
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