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„GLASHAUS“ setzt auf Kreativität, Eigeninitiative und Lust am Ausprobieren

10.07.2021

Prenzlau (spz). Für junge Leute gibt es seit Kurzem in Prenzlau einen neuen Anlaufpunkt: das „GLASHAUS“. Es ist ein Ort der Jugendarbeit, wie man ihn eher in Berlin, Hamburg oder anderen großen Städten erwartet. Nicht aber in der Peripherie. Die Herangehensweise der „Macher“, die man in diesem Falle besser als „Möglich-Macher“ bezeichnen sollte, könnte man so interpretieren, dass sie gerade das, was unüblich scheint, hier etablieren wollen. Mit Dimitri Hegemann, Betreiber des Berliner Clubs „Tresor“, hat das „GLASHAUS“ einen Motor, einer Zugmaschine gleich, der junge Leute fasziniert und weiß, wie in Freiräumen Kreativität entstehen kann, sich Projekte entwickeln und am Ende aus Visionen Realitäten werden können. Die gemeinnützige Beratungsagentur „Happy Locals“, die er zusammen mit Annette Katharina Ochs betreibt, will Jugendprojekte im ländlichen Bereich anschieben und durch diese Treffpunkte möglichst viele „locals“ zu „happy locals“ machen. Eine Perspektive zum Bleiben aufzeigen, die Abwanderung der jungen Menschen verhindern.

So auch in Prenzlau. Dabei gibt es keine festen Formate oder vorgegebenen Strukturen. Hegemann geht es darum, jungen Leuten Räume anzubieten, engagierte Menschen zur Seite zu stellen und sie einzuladen, ihre Ideen zu entfalten. Mit dem ehemaligen Opel-Autohaus in Prenzlau hat man ein Objekt gefunden, das wie gemacht ist für diesen Ansatz. Beim Tag der offenen Tür, an dem Hegemann und Ochs durch die ehemaligen Lager, Werkstätten und Verkaufsräume führen, hat man den Eindruck, als wäre hier gestern noch an Autos geschraubt worden. Da ist das etwas vergilbte Kalenderbild an einem Spind, die ausgedrückte Handcreme auf einer Waschbeckenkonsole, das Tastentelefon in einem Regal, an den Wänden säuberlich sortiert das Werkzeug, irgendwo in einer Ecke ein Reifenstapel, der anmutet, als würde er gleich montiert werden. Hier ist keiner vorher mit dem Besen durchgegangen und hat alles, was nicht brauchbar scheint, weggeräumt. Genau das, so Dimitri Hegemann, mache den Charme aus. Den sieht auch Jörg Steinberg, der zu den Akteuren vor Ort gehört und hier mit Jugendlichen Theaterprojekte realisieren möchte. Das Lager voller Regale darf, geht es nach ihm, so bleiben. Er hat genug Fantasie, sich schon jetzt vorzustellen, wie hier Theater funktionieren könne. Nebenan haben die Sprayer von PrenzlauKult bereits angefangen, in Form ihrer Kunst individuelle Zeichen zu setzen. Künftig wollen sie auf dem Gelände Workshops anbieten. Im Hof steht ein Pult, liegt eine Liste aus. Hier kann sich eintragen, wer sich einbringen will. Ein paar Namen und Ideen sind da schon zu lesen, als auch die Künstlerin Annett Gerda Ohnesorge ihren Namen aufschreibt.

Im „GLASHAUS“ selbst hängen dort, wo früher die Neuwagen zur Schau gestellt waren, große Schaukeln von der Decke, dahinter stehen Grünpflanzen. Wieder hat da manch einer den Eindruck, dass dieses Bild fremd sei und eher nach Berlin passe. Doch es ist Prenzlau. Und es soll sich entwickeln. Die Reihe der Mitstreiter, die sich hier einbringen wollen und werden, ist bereits jetzt ziemlich lang. Das Projekt hat neugierig gemacht. Jetzt ist man dabei, die Jugendlichen aufmerksam zu machen, einzuladen. Dass das funktioniert, sieht man an den Sprayern. Neben Möglichkeiten offener Projekte gibt es eins mit gestecktem Rahmen: das Bildungsmanufaktur. In Kooperation mit dem Job-Center und verschiedenen Akteuren der Jugendsozialarbeit startet es im Herbst. Dann bekommen junge Leute, die weder Ausbildung noch Job haben, die Chance, sich beruflich zu orientieren, nach ihren Fähigkeiten, Neigungen und möglichen Perspektiven zu suchen.

Das „GLASHAUS“ soll, so der Plan, eine Art Zentrum, Anker, Leuchtturm für die Jugendarbeit der gesamten Region werden. Erste Verbindungen sind geknüpft. Das Open-Air-Festival „uckerleben“, dessen Auftakt am Sonnabend auf der Seeparkbühne stattfindet und mit verschiedenen Stationen in Folge in der ganzen Uckermark primär junge Menschen anziehen soll, ist ein erster Aufschlag dafür.

Mit etwas Fantasie kann man sich auf dem „GLASHAUS“-Areal vieles vorstellen. Hier ist genug Platz. Zum Chillen, für Bewegung, Kunst, Handwerk, perspektivisch eine Kantine vielleicht und auch Club-Leben. Darum, das betont auch Hegemann, geht es jedoch nicht vordergründig. Zudem man genehmigungsrechtlich erst mal schauen müsse, was in einem Mischgebiet wie diesem möglich und machbar ist.

Am ersten Tag der offenen Tür ist in den Gesichtern der Besucher viel zu lesen. Zwischen Begeisterung und Ratlosigkeit ist alles dabei. Zu den Begeisterten gehört der Zweite Beigeordnete des Landkreises, Henryk Wichmann, der in dem Projekt eine riesige Chance sieht. „Hier ist nicht schon alles fertig und vorgegeben. Vielmehr gibt es Platz zur Entfaltung für die Jugendlichen. Das hat gefehlt“, sagt er, ohne das Engagement bisheriger Angebote in Abrede stellen zu wollen. „Aber dieses Gelände können die jungen Leute selbst in Besitz nehmen, aktiv werden, sich ausprobieren. Es geht nicht ums Konsumieren, sondern darum, sich einzubringen, selbst etwas an den Start zu bringen.“ Dass die Kreistagsabgeordneten der großzügigen Unterstützung für das „GLASHAUS“ zustimmten und den Bestand der Jugendeinrichtung für ein Jahr damit sicherten, ist für ihn ein Zeichen des Vertrauens, das Verwaltung und Politik in die Jugendlichen setze. Man traue ihnen etwas zu. „Wir haben damit einen Scheck für die Zukunft ausgestellt und gezeigt, dass uns die Jugend sehr viel wert ist“, so Wichmann. Auch künftig werden Fördermittel in das Projekt fließen. „Es gibt kein Jugend- und auch kein Bildungsprojekt, das sich trägt und nicht unterstützt werden müsste.“ Doch hier setzt er auf die Ideen derer, die jetzt und künftig das „GLASHAUS“ zu einem lebendigen Ort der Jugendkultur machen. Besonders hebt Wichmann hervor, dass man für die Bildungsmanufaktur eng mit ihrem Vorbild, der Bildungsmanufaktur Schlesische 27 in Berlin zusammenarbeitet. Dort gebe es eine Menge Knowhow, auf das man zurückgreifen könne. Er ist zuversichtlich.

Auch Prenzlaus Stadtspitze ist am Tag der offenen Tür in der Triftstraße anzutreffen. Nicht nur, weil das Rathaus ebenfalls Geld gab, sondern vor allem aus Interesse. „Hier kann eine Menge entstehen. Ich bin gespannt. Als Stadt werden wir das Projekt begleiten und als Partner zur Verfügung stehen“, sagt Bürgermeister Hendrik Sommer. Der Erste Beigeordnete, Marek Wöller-Beetz, findet das Herausfordernde des Ansatzes interessant. „Denn diese Freiheit in der Jugendarbeit, die hier bislang so nicht etabliert war, braucht sicherlich auch Zeit, sich zu etablieren.“ Guter Dinge ist der Kinder- und Jugendbeauftragte Christoph Berkholz: „Neue Angebote sind immer gut. Der Kinder- und Jugendbeirat war auch schon vor Ort und hat signalisiert, nach Möglichkeiten zu suchen, sich beim Projekt ‚ GLASHAUS ‘ einzubringen.“

Ansprechpartner vor Ort sind Wendela Dreusch-Loman und Barbara Pulfer. Die aus Angermünde stammenden Frauen betreuen das Projekt künstlerisch und sozial. Informationen und Kontakt: www.glashausprenzlau.de; Mail: machmit@glashausprenzlau.de.

 

Ansprechpartner:

Herr Ch. Berkholz
Amt für Bildung, Sport und Soziales
Kinder- und Jugendbeauftragter

Kategorie:

Bildung und Soziales
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