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„Schauen Sie nicht weg!“ - Aktionstag „NEIN zu Gewalt an Frauen“

25.11.2020

Prenzlau/Uckermark (spz). „Schauen Sie nicht weg!“ – Mit diesem eindringlichen Appell wandte sich Landrätin Karina Dörk am Mittwochmorgen an die Öffentlichkeit. Am Internationalen Tag „NEIN zu Gewalt an Frauen“ hatte sie auf den Hof der Kreisverwaltung eingeladen, um auch in der Uckermark – so, wie weltweit an diesem Tag – den Blick auf das Thema zu lenken, zu sensibilisieren. Bereits seit 1981 gibt es, von Menschenrechtsorganisationen ins Leben gerufen, immer am 25. November Veranstaltungen, die die Einhaltung der Menschenrechte insbesondere von Frauen und Mädchen auf die Agenda setzen. Zu Recht. Denn immer noch sind es vor allem Frauen und Mädchen, die Gewalt erleben. Auch in vermeintlich „zivilisierten Gesellschaften“. „Allein in Deutschland wurden 2019 durch ihre Partner oder Ex-Partner insgesamt 141.792 Personen, davon 115.000 Frauen, Opfer von Mord, Totschlag, Körperverletzungen, Vergewaltigung, sexueller Nötigung, Bedrohung, Stalking und Freiheitsberaubung“, so die Landrätin.

„Bei Vergewaltigung und sexueller Nötigung in Partnerschaften sind die Opfer zu über 98 Prozent weiblich, bei Stalking und Bedrohung in der Partnerschaft sind zu 89 Prozent Frauen betroffen.“ Diese Vorfälle sind nicht weit weg, spielen sich nicht irgendwo ab, sondern auch in der Uckermark. „Das Landeskriminalamt registrierte 2019 in der Uckermark 150 Frauen und 59 Männer, die Opfer von häuslicher Gewalt wurden. Es sind 39 Opfer mehr als 2018.“

Die Tendenz ist wieder steigend. Das wird auch aus der Beratungsstelle für Frauen in Not und bei häuslicher Gewalt, die bei der Arbeiterwohlfahrt angesiedelt ist, bestätigt. Hier wurden 2015 noch 86 Beratungen nach dem Gewaltschutzgesetz durchgeführt, in diesem Jahr, Stand Oktober, waren es bereits 106. Die Corona-Problematik hat die Situation auch nicht einfacher gemacht. Zudem ist man sich dessen bewusst, dass die Dunkelziffer noch viel höher liegt. Denn längst nicht alle Betroffenen holen sich Hilfe. Doch Gewalt beginnt nicht erst dann, wenn die Hand zum Schlag erhoben wird. Auch psychischer Druck, Manipulation, Herabwürdigung, Freiheitsentzug sind Formen von Gewalt. Um den Kreislauf zu durchbrechen, bleibt vielen Betroffenen nur die Flucht in ein Frauenhaus. Und oft ist dies auch die einzige Lösung, um die Frau und womöglich auch die Kinder zu schützen. Jutta Frank, Geschäftsführerin des AWO-Kreisverbandes Uckermark e.V., sagt: „Unser Ziel ist vor allem die Prävention.“ Die würde man gern auch deutlich ausbauen. Dazu jedoch fehlen die Gelder. Begrenzte Finanzierungsgrundlagen für die Beratungsstellen wie auch die Frauenhäuser machen die Arbeit nicht einfacher. Im Gegenteil. Der Landrätin hat sie einen großen Briefumschlag überreicht. „Es geht nicht um Forderungen an den Landkreis“, sagt Frank. Hier finde sie, ebenso wie bei der Stadt Prenzlau, immer Unterstützung und ein offenes Ohr. „Vielmehr wollte ich mich genau dafür bedanken, dass man jedes Jahr mit der Aktion das Thema in die Öffentlichkeit rückt. Darüber hinaus haben wir einen Überblick zur Entwicklung des Beratungsbedarfes in den zurückliegenden Jahren zusammengestellt und ich habe das Angebot der AWO als Gesprächspartner bekräftigt.“ Jutta Frank betont: „Sensibilisierung ist wichtig.“ Gerade weil sich viele Opfer aus Scham oder Angst nicht trauen, über die zu Hause erlebte Gewalt zu sprechen. „Wir wissen, dass zwei Drittel der weiblichen Opfer auch nach schwerster Gewalterfahrung nicht zur Polizei gehen oder anderweitige Hilfe suchen. Das Thema ist viel zu oft noch ein Tabu, mit dem endlich Schluss sein muss. Deshalb ist es wichtig, dass Menschen, denen Gewalt angetan wurde, Hilfe und Unterstützung bekommen“, so die Landrätin. Und sie wird nachdrücklich: „Gewalt ist nicht hinnehmbar.“

Niemand habe das Recht, sich über einen anderen Menschen zu erheben und schon gar nicht mit Gewalt. „Das Recht der Frau auf ein freies und selbstbestimmtes Leben ist ein in unserer Verfassung garantiertes Grundrecht. Wir alle haben die Pflicht, mit dafür Sorge zu tragen, dass dies nicht nur geschriebene Worte bleiben, sondern Selbstverständlichkeit in unserem Zusammenleben wird.“ Mit dem bundesweiten Hilfetelefon, der Initiative „Stärker als Gewalt“, dem Runden Tisch gegen Gewalt an Frauen, mit Angeboten der Frauenhäuser, der Beratungsstellen sowie der Organisation „Der Weiße Ring“ seien bereits starke Säulen geschaffen worden.

Auch Prenzlaus Bürgermeister Hendrik Sommer, der zusammen mit seinem Ersten Beigeordneten Marek Wöller-Beetz und der Gleichstellungsbeauftragten Carmen Weyer der Einladung der Landrätin folgte, findet es wichtig, nicht nur immer wieder Plädoyers gegen Gewalt zu halten, sondern auch aktiv zu werden, Zeichen zu setzen, Hilfsangebote zu machen und nicht wegzuschauen. Gewalt, so sagt er am Rande der Veranstaltung, ist keine Privatsache. Deshalb fordere er dazu auf, auch im Alltag immer wieder laut „Nein!“ zu sagen und Betroffenen Hilfe und Unterstützung zu geben.

Seit 2001 ruft der Verein „Terre des Femmes“ am 25. November bundesweit zu einer Fahnenaktion auf. Ins Zentrum rücken dabei die Themen Zwangsprostitution, sexueller Missbrauch, Sextourismus, Vergewaltigung ebenso wie Genitalverstümmelung, Häusliche Gewalt und Zwangsheirat.

 

 

 

 

Ansprechpartner:

Frau C. Weyer
Gleichstellungsbeauftragte
Gleichstellungsbeauftragte

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